Heidrun Jakobs - 28. Juli 2010
Dass erhebliche Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Mannheimer Gerichts im Fall Kachelmann aufgekommen sind, hat sich schon vor einiger Zeit angedeutet.
Jetzt wird die Sache konkreter: Nach Medienberichten zufolge ist der Vorsitzende Richter der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim Mitglied eines Sportvereins, der ausgerechnet mit dem Turnverein kooperiert, in dem das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer sportliche Erfolge gefeiert haben soll und außerdem dessen Vater jahrelang Vorsitzender gewesen sein soll.
„Ich habe weder Kontakt zum Vater noch zum Opfer gehabt, noch wie es in der Sonntagszeitung behauptet wird, mit der weiteren Verwandtschaft der Familie“, wird der Vorsitzende Richter Michael Seidling in mehreren Medienberichten zitiert.
Ja, ist es denn wahr? Seit wann nehmen Richter in laufenden Prozessen gegenüber den Medien Stellung zu möglichen Befangenheitsanträgen? Und seit wann bekommen sie dazu auch noch Rückdeckung vom zuständigen Landgerichts-Präsidenten?
So etwas ist meines Wissens in allen spektakulären Prozessen in der Bundesrepublik noch nicht vorgekommen. Aber in Baden-Württemberg ist alles ein bisschen anders als im Rest der Republik.
Wie dem auch sei: Ein Vorsitzender Richter, der in einem laufenden Strafverfahren gegenüber der Presse von einem Opfer spricht, anstatt von einem mutmaßlichen Opfer, hat sein Urteil doch wohl schon getroffen. Wozu braucht es hier überhaupt noch eines Prozesses?
Ich will nicht so weit gehen und den kommenden Prozess als rechtsstaatliche Makulatur bezeichnen, aber ein deftiges Geschmäckle hat die Sache schon.
Jedenfalls sind erhebliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Gerichts im Kachelmann-Prozess aufgekommen. Und die begründen nun einmal den Vorwurf der Befangenheit. Jetzt erst recht!
Yes, we do!