Heidrun Jakobs - 27. November 2012
Anstatt den Fall Mollath restlos und umfassend aufzuklären, wie es sich in einem Rechtsstaat gehörte, sieht sich die Staatsanwaltschaft Nürnberg immer noch im Recht, auf die Strafanzeige Mollaths keine Ermittlungen eingeleitet zu haben. Und das, obwohl der renommierte Hamburger Strafrechtler Gerhard Strate im Auftrag der Freien Wähler Bayern ein Gutachten vorlegte, das besagt, dass Ermittlungen zwingend geboten waren. Im Klartext bedeutet das, dass erhebliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Staatsanwaltschaft Nürnberg selbst strafbar gemacht hat in dieser Sache, wie es auch zuvor schon der Regensburger Strafrechtsprofessor Henning Ernst Müller hat anklingen lassen.
Dennoch meint die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hierzu, Mollaths Angaben seien nicht durch Tatsachen belegt gewesen, weil "Geldtransfers“ von Deutschland in die Schweiz nicht automatisch strafbar sind. Strate dagegen spricht davon, dass Mollath hier Namen, Bankverbindungen und die Umstände der „Geldtransfers“ äußerst konkret mitgeteilt habe.
Wahrnehmungsstörungen der Generalstaatsanwaltschaft meint man hierzu oder etwa „dolus directus 1. Grades“, wie die Juristen sagen, also als direkten Vorsatz, um die Vorgänge um die Anzeige Mollaths immer noch zu vertuschen und das nachhaltig? Das gleiche gilt für Bayerns Justizministerin, die sich wie eine blinde Justizia schützend vor ihren Apparat stellt. Jeder Nachtwächter fragt sich, warum der Fall aufgrund der aktuellen Sachlage nicht wieder aufgenommen wird? Beate Merk hat bewiesen und beweist, dass sie für dieses Amt nicht die geringsten Voraussetzungen mitbringt und ein Rücktritt schon jetzt zwingend geboten wäre, schon allein deswegen, um sich selbst aus diesem Sumpf heraus zu ziehen und weiteren Schaden von ihrer Partei abzuwenden. Den Kopf schütteln muss man auch bei der SPD und den Grünen im Bayerischen Landtag, die sich trotz der vorliegenden Tatsachen immer noch mit der Einberufung eines Untersuchungsausschussesschwer tun, vermutlich deswegen, weil es auch hier Parteikolleginnen und Parteikollegen gibt, die in diesen Sumpf verwickelt sind.
Dazu passt es natürlich nur zu gut, dass ein Teil der Mollath Akten schon vernichtet wurde, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften versteht sich, wie die Nürnberger Justiz mitteilen ließ.
Dennoch, der Fall Mollath geht um die Welt. Der Bayerische Sumpf hat das Internetzeitalter erheblich unterschätzt. Heutzutage lassen sich Vorgänge dieser Art nicht mehr vertuschen. Es kommt ans Licht, wenn der Angeklagte Mollath über 8 Stunden vom Vorsitzenden Richter Otto Brixner malträtiert und schikaniert wird, dass man sich bei solchen Verhandlungsführungen fragt, ist es nicht zwingend geboten, dass Richter sich in einem zeitmäßigen Turnus einer Persönlichkeitsüberprüfung unterziehen müssen? Wenn die Zeugenaussagen zum Ablauf der Mollath-Hauptverhandlung richtig sind, und davon gehe ich aus, wäre Otto Brixner jedenfalls die Befähigung zum Richteramt abzusprechen!
Und so danke ich Olaf Przybilla und Uwe Ritzer von der Süddeutschen Zeitung, die durch unermüdliche Recherchen und Einsatz dafür gesorgt haben, dass der Fall Mollath mit allen Einzelheiten ans Licht kommt. Natürlich auch dem SWR und der Redaktion von "Report Mainz", die den internen Revisionsbericht der Hypovereinsbank (HVB) veröffentlichten und damit einen Stein ins Rollen brachte. Und natürlich auch Florian Streibl von den Freien Wählern Bayern, der sich nachhaltig im Bayerischen Landtag um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bemüht. Jede Wählerstimme bei der Bayerischen Landtagswahl im nächsten Jahr wird verdient sein!
Ich danke auch meinem Berliner Kollegen Carsten R. Hoenig, der herausfand, dass auch der 1. Vorsitzende des Bayerischen Richterbunds, Walter Groß, der zugleich auch Vizepräsident des Amtsgerichts Nürnberg ist, es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, wenn er meint, der Bundesgerichtshof habe Verfahrensfehler im Mollath-Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth nicht feststellen können. Dank auch an den Kollegen Thomas Stadler, Freising, der sich der Sache ebenfalls angenommen hat. Letztlich danke ich dem Kopp-Verlag und rivva.de, die meinen Beitrag „Justiz und Politik geraten ins Schlingern“ verlinkten und damit dafür gesorgt haben, dass in der ganzen Welt tausendfach das gelesen wurde, was ich zu sagen habe.
Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht, und dazu rufe ich auf!
Bei allem sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es viele Richterinnen und Richter und viele Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gibt, auch in Bayern, die sich an Recht und Gesetz gebunden sehen. Bedauernswert nur, dass auch ihr Ansehen durch die Nürnberger Justiz erheblich geschädigt wurde im Strudel des bayerischen Sumpfes.
Yes, we do!
Kommentare
Kommentar von Rolf Schälike - Permanenter Link
2003 stellte ich bei der Hamburger STA eine Strafanzeige wegen Geldwäsche. Unserer Firma wurde seinerzeit angeboten, 1 Million € ein Jahr lang zu parken und dann € 900.000,- zurückzuzahlen. Verwickelt war darin eine Münchner Berscoluni-Zweigbank.
Die STA hat das alles nicht interessiert. Den Weg von Mollath bin ich nicht gegangen, denn ich hatte schon damals auf Grund meiner DDR- und UdSSR-Erfahrungen keine Illusionen, was die Justiz betrifft.
Kommentar von herwig Danzer - Permanenter Link
Bitte den engagierten Unterstützerkreis nicht vergessen http://gustl-for-help.de/ , deren akribischer Dokumentation es zu verdanken ist, dass sich jeder selbst ein Bild machen kann und vor allem Michael Kasperowitsch von den Nürnberger Nachrichten, der dort unermüdlich am Fall gearbeitet hat.
Die Grünen aktuell: http://www.gruene-fraktion-bayern.de/themen/innere-sicherheit-recht-und-...
Kommentar von Tilman - Permanenter Link
Zu laute Leute psychiatrisch abzustempeln ist nicht neu, siehe der Fall der "zu erfolgreichen" Hessichen Steuerprüfer.
Kommentar von web - Permanenter Link
Ironie der Geschichte ist, Nürnberg nennt sich „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“, an sich eine gute Sache. An sich ein gutes unternehmen als Antwort auf die jüngste Stadtgeschichte. Hier der Link zum Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg http://www.nuernberg.de/internet/menschenrechte/ So gar nicht dazu paßt das „in weiten Teilen“ durch und durch menschenverachtende Verhalten der in Nürnberg angesiedelten Justiz, an deren Spitze die Generalstaatsanwaltschaft steht.
Weshalb schweigt eigentlich dies Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg? Dient es nur der Fassade?
Kommentar von Heidrun Jakobs - Permanenter Link
@all Selbstverständlich gilt der Dank auch www.gustl-for-help.de, der Menschenrechsbeauftragten der Bayerischen Ärztekammer, Maria Fick, und den vielen anderen Kommentatoren hier, die zeigen, dass es so nicht geht!
Da das Beispiel Mollath in Justiz und Politik offenbar auch in Hessen Schule macht, siehe
http://www.fr-online.de/steuerfahnder-affaere/steuerfahnder-prozess-wer-...
eine Bitte an alle: WEITER MACHEN! Unermüdlich und unerbittlich!
Kommentar von Kopp_und_Kragen - Permanenter Link
Dieser Mollath-Fall ist viel zu wichtig und zu empörend als dass die Glaubwürdigkeit von Artikeln durch Verlinkung ausgerechnet auf den unseriösen Kopp-Verlag untergraben wird. Vorsicht vor falschen Freunden und Trittbrettfahrern!
Kommentar von klabauter - Permanenter Link
Herr Strate erstattet im Namen einer wahlkämpfenden Partei .- die teilweise rechts von der rückständigen CSU steht - ein sogenanntes Gutachten, das zu 50 % erläutert: "Wat iss denn eine Strafanzeich? Da stellen mer uns mal janz domm". In den restlichen 50 % behauptet er, dass die Anzeige selbstverständlich für einen Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung ausreicht (zu den weiteren Vorwürfen Mollaths in der Anzeige: kriminelle Vereinigung ,Schwarzarbeit und anderes schweigt er sich hanseatisch-zurückhaltend aus) . § 116 AO kennt Herr Strate offenbar nicht, erwähnt ihn jedenfalls nicht einmal.
Aber:Natürlich ist Strates Gutachten das Amen in der Kirche und die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg dämlich, inkompetent und aufklärungsunwillig, weil Teil des Justizsumpfs.
Versuchen Sie vielleicht - auch wenn es schwer fällt - kurz die Perspektive zu wechseln:
Mal angenommen, die Staatsanwaltschaft Nürnberg oder die Steuerfahndung sieht einen Anfangsverdacht und hätte bei einem Ihrer Mandanten durchsucht aufgrund der Behauptung Herrn Mollaths: Geld in die Schweiz -das war doch sicher Schwarzgeld. Sie hätten Zeter und Mordio geschrien gegen einen Durchsuchungsbeschluss, der auf Angaben eines offenbar leicht derangierten Reifenstechers beruht, welcher nicht nur dem neuen Lebensgefährten seiner Ex, sondern auch ihren Anwälten und dem Gerichtsvollzieher die Autos beschädigt, weil die ja alle Teil des Schwarzgeldkomplotts sein sollen und ihm sein Beweismaterial stehlen wollten., der Gerichtsvollzieher zudem als Spitzel des Verfassungsschutzes. (alles zu finden auf der gustl-Seite).
Kommentar von JaJa - Permanenter Link
@klabauter: Du willst Verbrechen rechtfertigen, indem du Andere unterstellst, sie streben nicht nach dem Recht. Du lehnst dich weit aus dem Fenster. Zu deinem Bedauern sieht es die Steuerfahndung richtigerweise anders, siehe 29.11.2012 Razzia bei der HYB.