Heidrun Jakobs - 02. März 2015
Man muss sich schämen für die deutsche Justiz, konkret für die niedersächsische Staatsanwaltschaft. Dieses Mal im Fall Edathy. Das aufwendig betriebene Verfahren gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wegen des Besitzes von kinderpornographischen Schriften wurde heute gegen eine Geldauflage von € 5.000,-- eingestellt.
Wir erinnern uns: Mit großen Tam-Tam hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Edathy eingeleitet wegen des Besitzes von Kinderpornos. Hausdurchsuchungen bei Edathy privat, in dessen Büro und wer weiß, wo sonst noch. Das Verfahren wurde begleitet mit einem riesigen Medienecho, wobei die Medien stets informiert waren über die Einzelheiten des Verfahrens, so dass schon seinerzeit der Verdacht aufkam, dass die Medien von der Staatsanwaltschaft ordentlich mit Informationen bedient werden. Es gibt drei Gründe für so etwas: Entweder es gibt Bares, oder es sind politische Gründe oder aber es ist schlichtweg das Versagen eines Behördenleiters.
Ein Unding in einem Rechtsstaat. Zumindest einmal wird jetzt gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig wegen Geheimnisverrat selbst ermittelt. Ein staatsanwaltlicher Super-Gau! Wir werden sehen, was dabei herauskommt.
Zu befürchten ist aber, dass auch hier die politische Hand schützend ihr Mäntelchen umwirft. Lüttig soll ja Ziehkind des damaligen niedersächsischen Justizministers und heutigem Präsidenten des Niedersächsischen Landtags Bernd Busemann (CDU) sein.
Lüttig hatte sich schon im Fall Wulff mit einem Jagdeifer hervor getan, von dem außer der vernichteten Existenz von Wulff und jetzt auch Edathy nur eine Blamage für die Staatsanwaltschaft übrig geblieben ist. Wulffs Verfahren endete mit einem Freispruch und Edathy mit einer Einstellung gegen eine läppische Geldauflage von € 5.000,--. Dafür wurden jedoch monatelang Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter beschäftigt. Auf Steuerzahlerkosten versteht sich!
Nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich habe weder Sympathie für Wulff und noch weniger für "Kinderfreunde" wie Edathy, aber bei dem wenigen belastbaren Material, das sich nach Medienberichten gegen Edathy auftat, war eine Verfahrenseinstellung schon fast gewiss: dafür hatten ja auch die Genossen aus dem Bundeskriminalamt und in Berlin gesorgt.
Um die 57 Personen wussten frühzeitig von dem Verdacht gegen Edathy. Nach Edathys Aussagen wurde er seinen Genossenfreund Michael Hartmann (SPD) am Rande des SPD-Parteitags in Leipzig am 15. November 2013 darüber informiert, dass auch der Name Edathy auf der Kinderpornokonsumenten-Liste stand. Hartmann selbst habe die Information direkt von damaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke erhalten, so Edathy.
Für Edathy jedenfalls Zeit genug um belastbares Material beiseite zu schafften. Aber das ist es nicht allein: Edathy weiß einfach zu viel, wohl nicht nur als ehemaliger Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses. Sein Wissen ist wohl seine Lebensversicherung. Nicht umsonst deutete er auf Facebook an, dass die Bombe platzt sollte ihm was geschehen.
Immerhin hat er sich jetzt zunächst einmal vor der Badewanne in einem Genfer Hotel gerettet. Mit sich selbst hat er auch den ehemaligen Präsidenten des BKA, Jörg Ziercke und seinen Genossenfreund Michael Hartmann vor dem Vorwurf der Strafvereitelung gerettet. Ob gewollt oder ob Edathy diese Kröte schlucken musste. Jetzt gibt es keine Straftat mehr und damit auch keine Strafvereitelung.
Eine schmutzige, politische Justizposse war das. Eine Blamage für die politisch verbandelte Staatsanwaltschaft in Niedersachsen. Und wo Politik drin ist, kommt eben Schmutz raus.
Update: Der Kinderschutzbund Niedersachsen nimmt die € 5.000,-- Geldauflage aus der Verfahrenseinstellung von Edathy nicht an.
"Kinder und Jugendliche vor Gewalt zu schützen und ihnen zu helfen, wenn sie Gewalt erfahren haben, ist seit fast 60 Jahren unser Hauptanliegen und Ziel unserer Arbeit, betonte der Vorstand des Kinderschutzbund. Nach seiner Ansicht sei mit der Einstellung des Verfahrens gegen Edathy das fatale Signal gesendet worden, mit 5.000 Euro sei ein "Freikauf" möglich: "Auch aufgrund persönlich und öffentlich an uns herangetragener Resonanz hat der Vorstand des Niedersächsischen Kinderschutzbundes nach reiflicher Überlegung entschieden, diesen moralischen Widerspruch für sich nicht lösen zu können" Sehr löblich, lieber Kinderschutzbund!