Heidrun Jakobs - 02. August 2015
Ein Aufschrei ging wegen der Ermittlungen gegen die Netzpolitik.org Journalisten durch die Republik, aber geht es nur um die Pressefreiheit?
Nein, es geht um viel mehr. Es geht auch um das Outing des Bundesamts für Verfassungsschutz im Sumpf verfassungswidriger Geschäftspolitik, es geht um Spitzenbeamte, Volljuristen wohlgemerkt, die mehr aufgrund ihres Parteibuches hochgespült wurden, als aufgrund iher Leistungen und es geht um schmutzigste politische Operationen, bei denen niemand die Verantwortung übernehmen will.
Kurzum, der Rechtsstaat steht vor einem Offenbarungseid. Wir erinnern uns: der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz-Georg Maaßen, erstattete Strafanzeige gegen die Netzpolitik.org Journalisten wegen der Veröffentlichung von internen Papieren des Verfassungsschutzes, aus denen hervorgeht, wie tief der Verfassungsschutz gesunken ist. Der Innenminister schiebt wie üblich die Verantwortung auf seine Staatssekretärin und geht als erster von Bord, wenn es brenzlig wird. Der Justizminister versucht mit viel Kraftaufwand in letzter Minute seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und der Generalbundesanwalt streitet sich mit dem Präsidenten des Verfassungsschutzes um die Verantwortung für eine Stafanzeige, bei der jeder Jurastudent im 2. Semester nach einer ordentlichen Subsumtion zu dem Ergebnis kommen müsste, dass keine Strafbarkeit gegeben ist.
Der Verfassungsschutz, eine verfassungsfeindliche Organisation?
Peinlicher geht es nicht mehr, völlig, klar. Es reicht Maaßen offensichtlich nicht, dass die Rolle des Verfassungsschutzes bei den NSU-Morden bislang ungeklärt ist, Zeugen auf mysteriöse Art und Weise kurz vor ihren Aussagen ums Leben kamen und das Schweigen Beate Zschäpes im NSU-Prozess wahrscheinlich ihre Lebensversicherung ist. Ebenso nicht die Rolle des Verfassungsschutzes bei der Partei NPD. Bekannt ist, dass der Verfassungsschutz mindestens 12 Leute in Spitzenpositionen der NPD einsetzte. Spöttische Zungen nennen die NPD nicht zu Unrecht Verfassungsschutz-Partei. Gerüchteweise setzte der Verfassungsschutz auch bei der AfD Rheinland-Pfalz einen V-Mann ein, der im wirklichen Leben ohne jeglichen Verdienst oder sonstige Verdienste, dort für stattliche monatliche Beträge in 4-stelliger Höhe sein Unwesen getrieben haben soll.
Dem massenhaften Einsatz von sogenannten „Agents Provocateurs“, also solchen V-Leuten des Verfassungsschutzes, die eingesetzt werden, um Straftaten zu provozieren, und dabei sogar selbst straffällig werden, hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs glücklicherweise in seiner Entscheidung vom 10.06.2015, Aktenzeichen 2 StR 97/14 nicht nur eine deutliche Absage erteilt, sondern einen solchen Einsatz auch als rechtsstaatswidrig, also verfassungsfeindlich bezeichnet.
Maaßen täte auch gut daran, die Rolle des Verfassungsschutzes bei der NSA-Affäre aufzuklären. Bekannt ist auch hier, dass der Verfassungsschutz als Handlanger der NSA Bundesbürger ausspähte und die Daten brav an die NSA lieferte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe sich an seine gesetzlichen Befugnisse gehalten, war die knappe Antwort des Verfassungsschutzes auf einen Vorhalt von Journalisten. Fragt sich nur an welche? Mir sind solche gesetzlichen Befugnisse jedenfalls nicht bekannt.
Mir sind auch keine gesetzlichen Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz für die vollumfängliche Überwachung des Internets, insbesondere auch der sozialen Netzwerke, mit einem enormen Personaleinsatz unter hierfür offensichtlich eigens geschaffenen Referaten bekannt. Dies belegen jedenfalls die Papiere, die Netzpolitik.org veröffentlichte.
Heinz-Georg Maaßen hat bislang nicht eine einzige Rechtsgrundlage hierfür genannt. Maaßen bleibt auch Antworten schuldig für das verfassungswidrige Vorgehen seines Hauses in Bezug auf den Einsatz von sog. V-Leuten. Stattdessen poltert er sich durch die Medien und meint, er müsse der Veröffentlichung der “Geheimpapiere” mit Strafanzeigen begegnen, und rechtfertigt diese Strafanzeigen dann noch damit, sie dienten dem Kampf gegen „Extremismus und Terrorismus“. Fatal nur, dass der Verfassungsschutz selbst nicht vor Straftaten und verfassungswidrigem Handeln zurückschreckt.
Der Vorwurf eines strafbaren Handelns wäre daher sowohl gegen Maaßen als auch gegen Innenminister de Maizière zu richten, dem Maaßen untersteht.
Internet-Ausspähung der Bürger, um sich die Bürger gefügig zu halten?
Wie die Internet-Ausspähung dann aussieht, die Maaßen ohne eine gesetzliche Grundlage vorantreibt, kann man beispielsweise im Verfassungsschutzbericht des Freistaats Sachsen für das Jahr 2013 nachlesen. Es geht offensichtlich um ein „Nazi-Outing“.
„Das sogenannte Nazi-Outing“ ist eine Strategie, welche die autonome Antifa bereits seit Jahren anwendet. Dabei publizieren Mitglieder der Antifa private Informationen wie Name, Foto, Adresse, Autokennzeichen, Arbeitgeber oder Account-Daten zu sozialen Netzwerken von tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsextremisten. Dies geschieht entweder mittels Flugblättern, die in der privaten oder beruflichen Umgebung der Betroffenen verteilt werden oder – mittlerweile sehr ausgeprägt – über Internetportale. Das Ziel besteht darin, Personen, die nach Interpretation der Antifa als „Nazis“ eingeschätzt werden, in der Öffentlichkeit bloß zu stellen, um sie schließlich gesellschaftlich zu ächten und ihnen -wo möglich- ihre materielle Basis zu entziehen. Die Strategie des „Nazi-Outings“ entspricht dem Feindbild der autonomen Antifa, das im Kern auf einer dualen Weltsicht beruht. Mithin werden tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten als „Faschisten“ oder „Nazis“ deklariert. Elementare Persönlichkeitsrechte werden ihnen bereits auf Grund der ihnen unterstellten Gesinnung abgesprochen….., da nach Auffassung Autonomer „Faschismus“ keine Meinung, sondern ein Verbrechen darstellt. Das „Nazi-Outing“, an dem sich sächsische Linksextremisten seit mehreren Jahren beteiligen, hat Ende des Jahres 2013 in Ostsachsen eine neue Qualität erreicht.“ (Fettdruck von mir)
Staatliche Förderung des Linksextremismus ist Veruntreuung von öffentlichen Geldern!
Nun, wenn man weiß, von wem die extremistische Antifa finanziert wird, wird das Bild wieder rund. Die Gelder kommen unmittelbar aus dem Bundesfamilienministerium. Das geht dann so weit, dass Handgeld für die Teilnahme an Demonstrationen gezahlt wird und damit der Verdacht der Veruntreuung von öffentlichen Geldern auf der Hand liegt. Die ehemalige Oberbürgermeisterin in Dresden, Helga Orosz, rechtfertigte die Handgelder mit ihrem Budget als Oberbürgermeisterin. Wahrscheinlich fällt ihr Friseurbesuch auch in dieses Budget? Eine Grünen-Politikerin lässt ja auch ihr Hündchen standesgemäß im Dienstwagen, S-Klasse versteht sich, spazieren fahren.
Der Bund der Steuerzahler hat schon 1997 ein vom Strafrechtler Professor Dr. Gerhard Wolf aus Frankfurt/Oder gefertigtes Gutachten über “Die Strafbarkeit der rechtswidrigen Verwendung öffentlicher Mittel” vorgestellt. Hiernach ist die Verschwendung von Steuergeldern strafwürdig. Bis jetzt habe ich aber noch nicht vernommen, dass eine Staatsanwaltschaft je Ermittlungen einleitete, was sie nach der Rechtslage aber tun müsste, da die Sachverhalte durch die Presse gingen und bekannt sind.
In rechtstaatlicher Hinsicht gilt es aufzuräumen. Die Aufarbeitung von Verhaltensweisen der Regierung, von Behörden und Ämtern ist längst keine Frage der politischen Hygiene mehr. Es geht um den Erhalt der freiheitlich demokratischen Grundordnung, soweit man noch von einem Erhalt sprechen kann. Die verfassungsmäßige Ordnung wird von den Beteiligten mit Füßen getreten. Rechtsbrüche über Rechtsbrüche, und das soll ohne erkennbare Konsequenzen sein?
Rücktritte notwendig!
Es ist Zeit für Heinz-Georg Maaßen zu gehen. Er muss seinen Hut nehmen. Innenminister de Maizière ebenso, dem Maaßen unterstellt ist und der hierfür die politische Verantwortung trägt. Das wäre zumindest ein erster Schritt, aber längst nicht ausreichend! Der Generalbundesanwalt Range als schwacher Charakter und braver Söldner mit mäßigem juristischem Sachverstand, der schon in der NSA-Affäre bewiesen hat, dass er stets das ausführt, was man ihm befiehlt, spielt da eher eine untergeordnete Rollte. Ein Spielball der Politik sozusagen oder auch ein Bauernopfer, wer weiß das schon. Rücktritte sind zwar zwingend notwendig, wahrscheinlich aber auch beabsichtigt im politischen “Über-Bande-spielen”.
Maaßen als Volljurist wusste, was er tat, und er tat es mit Rückendeckung der Bundesregierung, zumindest einmal einiger Mitglieder der Bundesregierung, wenn man die Presseberichterstattung verfolgt. Vielleicht hatte Maaßen die “Spiegel-Affäre” im Jahr 1962 im Blick, in deren Verlauf zwei Staatssekretäre und der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß gehen mussten, nachdem Spiegel-Journalisten aufgrund eines kritischen Artikels ebenfalls dem Vorwurf des Landesverrats ausgesetzt waren. Vielleicht ging es aber auch nur darum, die verfassungswidrigen Operationen des Verfassungsschutzes unter Verschluss zu halten, damit sich nicht noch mehr Abgründe auftun, als ohnehin schon bekannt sind.
Ein Machwerk der Grünen?
Warum dann aber ausgerechnet bei den Netzpolitik.org Journalisten ein ehemaliger hoher Funktionär der Grünen, nämlich der ehemalige Bundesprecher der Grünen Jugend, Andreas Gebhard, eine Rolle spielt, ist mit bloßem Zufall nicht erklärbar. Andreas Gebhard war neben seiner ehemaligen politischen Beschäftigung bei der Grünen Jugend bis Ende 2013 Geschäftsführer der newthinking communications GmbH mit Sitz in Berlin. Diese GmbH machte 2013 über 1,3 Millionen Euro Umsatz. Der Chefredakteur von Netzpolitik.org gibt sich als Partner der newthinking communications GmbH aus, was immer das auch ist. Ein Geschmäckle hat das allemal. Mit welcher Dreistigkeit vor diesem Hintergrund dann noch um Spendengelder gebettelt wird, ist schon erstaunlich.
Offen bleibt, wer hier gegen wen spielt. Eine Politposse und ein Offenbarungseid für die freiheitlich demokratische Grundordnung ist das Verhalten sämtlicher Akteure aber allemal.