Heidrun Jakobs - 13. Januar 2015
Es war eine Entscheidung wie aus dem Lehrbuch mit der das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel am vergangenen Freitag untersagte, städtische Gebäude während der Dügida-Demo zu verdunkeln und auf der Internetseite der Stadt zur Teilnahme am Gegenprotest aufzurufen.
Die Veranstalter der Dügida Demo wollten das nicht auf sich sitzen lassen und reichten vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf einen Eilantrag ein, den das Verwaltungsgericht im Sinne der Dügida-Veranstalter entschieden hatte.
Die Begründung des Gerichts liest sich nach Medienberichten wie aus dem Lehrbuch:
"Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt ein Regierungsmitglied der Bindung an das Neutralitätsgebot, wenn es im politischen Wettbewerb Möglichkeiten nutzt, die ihm aufgrund seines Regierungsamtes zur Verfügung stehen, während sie den politischen Wettbewerbern verschlossen sind. Dies ist insbesondere gegeben, wenn eine Äußerung unter Rückgriff auf die einem Regierungsmitglied zur Verfügung stehenden Ressourcen erfolgt oder eine erkennbare Bezugnahme auf das Regierungsamt vorliegt und damit die Äußerung mit einer aus der Autorität des Amtes fließenden besonderen Gewichtung versehen wird.“
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf, immerhin die Präsidentenkammer, hielt sich bei dieser Entscheidung streng an verfassungsrechtliche Gebote und den bisherigen Vorgaben des Verfassungsgerichts. Diese Entscheidung ist damit nichts anderes, was jeder Jura-Student bereits im 2. Semester lernt, nämlich, dass die Grundrechte Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat sind und nicht umgekehrt. Amtsträger und Regierungsmitglieder sind demnach zu einer absoluten Neutralität verpflichtet und können sich nicht unter Berufung auf die Grundrechte gegen Bürger wenden, die ihre Grundrechte ausüben wollen. Unser Grundgesetz garantiert, dass die Ausübung der Grundrechte frei von staatlicher Einflussnahme und Druck möglich sein muss. Das ist schlichtweg konstituierend für eine freiheitliche demokratische Gesellschaft.
OB Geisel hat aber offenbar keine Grundrechtskenntnisse, denn gleich nach Bekanntwerden der gerichtlichen Entscheidung polterte er in den Medien, das Rathaus bliebe während der Demo auf jeden Fall dunkel. Und im Übrigen habe die Bundeskanzlerin in ihrer Neujahrsansprache ebenso dazu aufgerufen, den Pegida-Demonstrationen fern zu bleiben.
Nun, bei der Kanzlerin als ehemaliger FDJ-Sekretärin mag ein grundrechtswidriges Staatsverständnis im Blut liegen, aber bei OB Geisel? Offenbar hatte er als Volljurist die Staatsrechtsvorlesungen geschwänzt. Und unabhängig davon, wenn sich ein Amtsträger nicht an gerichtliche Entscheidungen hält, warum sollte es dann der Bürger tun?
Eine gefährliche Entwicklung, die hier Einzug hält! Wenn selbst Landräte und Schulen dazu aufrufen, sich nicht an den Pegida-Demonstrationen zu beteiligen und ganz subtil Repressalien vermitteln, wenn man das dann doch tut, hat das mit einem rechtsstaatlichen Grundverständnis aber auch rein gar nix zu tun. So etwas kennt man sonst nur aus Diktaturen und totalitären Staaten, aber bei uns?
Noch gefährlicher wird es dann, wenn ein Bundesjustizminister gegen die Demonstranten pöbelt in einer Ausdrucksweise, die man ansonsten nur aus der Gosse kennt. Ob Justizminister Maas ein geeigneter Repräsentant unseres Landes sind? Ich meine, eher mal nicht!
OB Geisel jedenfalls hat gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Rechtsmittel eingelegt und Medienberichten zufolge gestern Abend vor dem Oberverwaltungsgericht Münster vorläufig Recht bekommen. Das OVG meinte, es sei juristisch nicht eindeutig geregelt, wie stark sich Oberbürgermeister Thomas Geisel gegen Dügida positionieren dürfe, ohne gegen das Neutralitätsgebot seines Amts zu verstoßen. Eine Begründung, die ihre Grundlage wohl eher in einer politischen Ansicht als in der Rechtslage findet. Warten wir ab, wie es weitergeht!