Heidrun Jakobs - 16. Februar 2016
Ein rabenschwarzer Tag für alle Bankkunden, die im Hinblick auf die gezahlten Darlehensbearbeitungsgebühren bei KfW-Krediten auf eine Rückzahlung gehofft hatten.
Mit den Urteilen vom heutigen Tag (Aktenzeichen XI ZR 454/14, XI ZR 63/15, XI ZR 73/15, XI ZR 96/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Klauseln für Abzugsbeträge bei Förderkrediten, also Bearbeitungsentgelte, für wirksam erachtet.
Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Bearbeitungsgebühr einen Aufwand bepreist, der keine Sonderleistung betrifft, sondern der Beschaffung des Förderdarlehens dient und damit bei der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch das Kreditinstitut entsteht. Bei den Förderdarlehen handele es nicht um eines, das nach den Bedingungen des Kapitalmarktes vergeben wurde, sondern um die zweckgebundene Gewährung besonders günstiger Mittel zur Förderung wirtschaftspolitischer Ziele, bei der das Bearbeitungsentgelt Teil der vorgegebenen Förderbedingungen ist. Die Gewährung der Förderdarlehen diene von vornherein nicht der Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen der KfW, sondern beruht auf dem staatlichen Auftrag, so die Pressemitteilung des BGH vom 16.02.2016.
Soweit die KfW-Darlehensbearbeitungsklausel die Möglichkeit bepreist, jederzeit während der andauernden Zinsbindung zu tilgen, ohne zur Abgeltung der rechtlich gesicherten Zinserwartung des beklagten Kreditinstituts eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen (Risikoprämie), sei dies ein wirtschaftlicher Vorteil, den die Bank gesondert in Form einer Risikoprämie bepreisen dürfe, so der BGH weiter.
Bei den vorgenannten Entscheidungen frage ich mich, wie groß doch der staatliche Druck sein muss, der auf dem XI. Zivilsenat des BGH lastet? Warum hätte der BGH sonst bei der Überprüfung von Entgeltklauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen seine bisherigen rechtlichen Prüfungsmaßstäbe einfach mal so beiseite gewischt?
Bisher war es so, dass Entgeltklauseln, die die Bank für die Ausführung einer gesetzlichen Pflicht, für die Erfüllung von nebenvertraglichen Pflichten, für Leistungen in eigenem Interesse der Bank oder mit denen ein pauschaler Schadensersatzanspruch bepreist wird, ohne dass dem Bankkunden vorbehalten ist, darzulegen, dass ein geringerer Schaden als der geltend gemachte Betrag entstanden ist, unwirksam sind.
Das gilt im Fall der Bearbeitungsgebühren bei öffentlichen Förderkrediten nun nicht mehr.
Der BGH differenziert schon nicht zwischen einer Vertragsbeziehung zwischen dem Darlehensnehmer, der Hausbank und der Förderbank, jedenfalls nicht in seiner heutigen Pressemitteilung. Zur Beurteilung der Rechtslage wäre diese Differenzierung aber dringend geboten. Denn dann hätte der XI. Zivilsenat erkannt, dass die privaten Kreditinstitute sich in der Regel bei den öffentlichen Förderbanken lediglich refinanzieren und eine unmittelbare Geschäftsbeziehung zwischen dem Darlehensnehmer und der Förderbank jedenfalls in den meisten Fällen ausgeschlossen ist.
Insofern erfolgt die Beschaffung von Förderdarlehen in einem eigenen Interesse der Haus-Bank, die hier aufgrund des Förderdarlehens sicherlich keinen Schaden erleidet im Verhältnis zur Vergabe von Darlehen mit marktüblichen Konditionen. Und die Förderbanken vergeben diese Darlehen aufgrund eines gesetzlichen Auftrags. Entgeltklauseln für Leistungen in Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags waren aber bisher unwirksam.
Zudem übersieht der BGH, dass eine sogenannte „Risikoprämie“ für die Möglichkeit der vorzeitigen Darlehensablösung bei Förderkrediten einen pauschalen Schadenersatzanspruch darstellt, wobei insofern dem Darlehensnehmer der Nachweis offen bleiben muss, dass kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist. Wobei man sich auch darüber streiten darf, ob „wirtschaftliche Vorteile“ aufgrund eines gesetzlichen Anspruchs gesondert bepreisungsfähig sind.
Aber was schert den XI. Zivilsenat des BGH sein Geschwätz von gestern? Im Ergebnis hat der BGH mit den heutigen Entscheidungen den öffentlichen Förderbanken eine Sonderstellung eingeräumt und einen Freifahrtschein erteilt.
Angesichts des zurzeit ohnehin angeschlagenen Rechtsstaats Deutschland sind die heutigen Entscheidungen nicht geeignet, das erforderliche Vertrauen ist die Justiz zu gewährleisten. Es ist wieder einmal bei Gericht wie auf offener See. Man ist in Gottes Hand!